Atemnot, auch als Dyspnoe bezeichnet, ist ein subjektives Gefühl von Atembeschwerden, das von leichtem Unbehagen bis hin zu schwerwiegenden Atemnotzuständen reichen kann. Es stellt eines der häufigsten Symptome dar, mit denen Patienten medizinische Hilfe suchen, und kann auf eine Vielzahl von Erkrankungen hinweisen. Die korrekte Abklärung und Behandlung erfordert ein systematisches Vorgehen, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren und entsprechend zu behandeln.
Definition und Klassifikation
Atemnot wird von Patienten unterschiedlich beschrieben, etwa als “Luftnot”, “erschwerte Atmung” oder das Gefühl, “nicht genug Luft zu bekommen”. Sie wird in akute, subakute und chronische Dyspnoe unterteilt, je nach Dauer:
- Akut: Minuten bis Stunden (z. B. Asthmaanfälle, Lungenembolie).
- Subakut: Tage bis Wochen (z. B. Infektionen, Herzinsuffizienz).
- Chronisch: Wochen bis Monate oder länger (z. B. COPD, interstitielle Lungenerkrankungen).
Ursachen von Atemnot
- Pulmonale Ursachen
- Obstruktive Lungenerkrankungen: COPD, Asthma bronchiale.
- Restriktive Lungenerkrankungen: Lungenfibrose, Pleuraerguss.
- Infektionen: Pneumonie, Tuberkulose.
- Lungenembolie: Akute Verlegung eines Lungengefäßes durch einen Thrombus.
- Pneumothorax: Kollaps eines Lungenflügels durch Luft in der Pleura.
- Tumoren: Bronchialkarzinome, die Atemwege blockieren.
- Kardiovaskuläre Ursachen
- Linksherzinsuffizienz: Lungenstauung durch unzureichende Pumpfunktion.
- Herzinfarkt: Reduzierte Perfusion, die Atemnot auslöst.
- Pulmonale Hypertonie: Chronisch erhöhter Druck in den Lungengefäßen.
- Neuromuskuläre Ursachen
- Schwäche der Atemmuskulatur: Myasthenia gravis, Guillain-Barré-Syndrom.
- Zentrale Ursachen: Schlaganfall, Hirnverletzungen.
- Andere Ursachen
- Anämie: Sauerstoffmangel durch reduzierten Hämoglobinspiegel.
- Psychogene Dyspnoe: Hyperventilationssyndrom bei Angststörungen.
- Metabolische Ursachen: Azidose bei diabetischer Ketoazidose oder Nierenversagen.
Diagnostischer Ansatz
1. Anamnese
Die Anamnese ist ein entscheidender Schritt, um mögliche Ursachen einzugrenzen:
- Beginn und Verlauf: Plötzlicher Beginn spricht für eine Lungenembolie oder Pneumothorax; schleichender Verlauf deutet auf chronische Erkrankungen hin.
- Auslösende Faktoren: Belastungsdyspnoe bei Herzinsuffizienz; nächtliche Dyspnoe bei Asthma.
- Begleitsymptome: Brustschmerzen, Fieber, Husten, Zyanose.
- Vorerkrankungen: Asthma, COPD, Herzkrankheiten.
2. Körperliche Untersuchung
- Inspektion: Zyanose, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur.
- Auskultation: Rasselgeräusche bei Pneumonie, Giemen bei Asthma.
- Perkussion: Gedämpfter Klopfschall bei Pleuraerguss.
- Vitalparameter: Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz, Blutdruck.
3. Diagnostische Tests
- Laboruntersuchungen:
- Blutgasanalyse (BGA): Bestimmung von pO₂, pCO₂ und pH.
- D-Dimere: Ausschluss einer Lungenembolie.
- Hämoglobin: Abklärung einer Anämie.
- Bildgebende Verfahren:
- Röntgen-Thorax: Beurteilung von Pneumonie, Pneumothorax oder Tumoren.
- CT-Angiographie: Nachweis einer Lungenembolie.
- Echokardiographie: Beurteilung der Herzfunktion.
- Funktionstests:
- Spirometrie: Diagnostik von obstruktiven und restriktiven Lungenerkrankungen.
- Belastungstests: Untersuchung der Belastungsdyspnoe.
4. Spezialdiagnostik
In komplexen Fällen können invasive Maßnahmen wie Bronchoskopie, Thorakoskopie oder Biopsien notwendig sein.
Therapeutischer Ansatz bei Atemnot
Die Behandlung der Atemnot richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache:
- Notfalltherapie:
- Sauerstoffgabe bei Hypoxie.
- Bronchodilatatoren bei Asthma oder COPD.
- Thrombolyse oder Antikoagulation bei Lungenembolie.
- Drainage bei Pneumothorax.
- Langfristige Therapie:
- Medikamentöse Behandlung (z. B. Beta-2-Agonisten, Steroide).
- Rehabilitation bei chronischen Lungenerkrankungen.
- Psychologische Betreuung bei psychogener Dyspnoe.
Fazit
Atemnot ist ein vielschichtiges Symptom, das einer sorgfältigen und systematischen Abklärung bedarf. Die Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung und diagnostischen Verfahren ermöglicht es, die Ursache zu identifizieren und gezielte Behandlungsmaßnahmen einzuleiten. In Notfällen steht die Stabilisierung des Patienten im Vordergrund, während langfristige Behandlungsstrategien auf die Verhinderung von Rückfällen und die Verbesserung der Lebensqualität abzielen.